Tierzuchtbescheinigungen und Hengstleistungsprüfungen in der Diskussion
Warendorf (fn-press). Landauf, landab werden aktuell in den Zuchtverbänden geplante Änderungen der Zuchtverbands-Ordnung (ZVO) diskutiert. Auf dem Prüfstand stehen die Tierzuchtbescheinigungen und die Eintragungsvoraussetzungen ins Zuchtbuch aufgrund der Hengstleistungsprüfungen. Die Überlegungen dazu stammen aus der Arbeit der Arbeitsgruppe Hengstleistungsprüfung sowie einer Klausurtagung der Vorsitzenden und Zuchtleiter aller der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) angeschlossenen Reitpferde-Zuchtverbände. Noch ist aber nichts beschlossen, eine Entscheidung fällt im Beirat Zucht bei den FN-Tagungen Anfang Mai in Hamburg.
„Hintergrund der Überlegungen ist ein veränderter Zeitgeist und ein damit einhergehendes verändertes Verhalten der Züchter. Sie fordern von den Zuchtverbänden mehr Liberalität. Wird ein Verband ihren Wünschen nicht gerecht, wandern sie zum nächsten ab, teilweise sogar auch ins Ausland. Das kann nicht in unserem Sinne sein“, sagt Theodor Leuchten, Vorsitzender des Bereichs Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).
Nachgedacht wird zum einen über die Art und Form der „Papiere“, die die Zuchtverbände jedes Jahr für die neu geborenen Fohlen ausstellen. Grundsätzlich enthalten alle von den Zuchtverbänden ausgestellten Equidenpässe eine Tierzuchtbescheinigung, unabhängig davon, ob es sich um einen Abstammungsnachweis (umgangsprachlich „rotes oder volles Papier“ genannt) oder um eine Geburtsbescheinigung („weißes/halbes“ Papier) handelt. Das „rote“ Papier wird bislang nur für Nachkommen von Hengsten und Stuten ausgestellt, die ins Hengstbuch I bzw. Stutbuch I ihres Verbandes eingetragen sind. In der aktuellen Diskussion geht es nun um die Frage, ob in Zukunft auch die Nachkommen von Hengstbuch II-Hengsten in der Anpaarung mit Stutbuch I- und Stutbuch II-Stuten ebenfalls einen Abstammungsnachweis und damit mehr Privilegien im Turniersport erhalten sollen. Dies betrifft vor allem die Teilnahme an den Bundeschampionaten und den Weltmeisterschaften der jungen Pferde, aber auch die Teilnahme am Vergabesystem der Züchterprämie. Eine solche Regelung wird von vielen Zuchtverbänden für sinnvoll und zeitgemäß erachtet. Unabhängig davon wollen die meisten Verbände aber weiterhin an den züchterischen Vorgaben für die Eintragung in das Hengstbuch I und Stutbuch I festhalten, beispielsweise was die Kör- und Eintragungsfähigkeit von Junghengsten betrifft.
„Die Bedeutung der Körungen soll uneingeschränkt erhalten bleiben. Das Entscheidende daran ist, dass die Eltern eines Junghengstes zum Zeitpunkt dessen Körung vollständig die altersgemäßen Anforderungen an Leistung und Abstammung erfüllen müssen. Hier ändert sich im Grunde nichts “, sagt Leuchten.
Ebenfalls diskutiert und noch offen ist die Frage zur Mindestnote bei den Hengstleistungsprüfungen. Hier wird erwogen, auf die bisherige gemeinsame Mindestnote zu verzichten. Schon jetzt hat die HLP vorwiegend den Charakter eines ‚Qualitätschecks‘, der den Züchtern die Möglichkeit bietet, die Qualität der Hengste aufgrund mehrerer Merkmale zu vergleichen. Eine aktuelle Masterarbeit hat gezeigt, dass der Großteil der Züchter die Hengste mit den besten Ergebnissen in der HLP für ihre Stuten auswählt. Ein Verzicht auf die gemeinsame Mindestnote wird daher voraussichtlich kaum Veränderungen bringen. Die Zuchtverbände sind mehrheitlich davon überzeugt, dass man lieber die besten Hengste besonders herausstellen sollte, als sich umfangreich mit denen zu befassen, die die Mindestnote gerade eben erreicht haben oder knapp darunter bleiben. Grundsätzlich basiert jede Art gezielter Tierzucht auf der Auswahl der Besten.
„Die Zuchtverbände werden jetzt die Zeit bis zu den FN-Tagungen nutzen, sich ein Meinungsbild in ihren zuständigen Gremien einzuholen und sich mit ihren zuständigen Behörden abzustimmen“, sagt Theodor Leuchten. Hb